Im Nationalpark Hunsrück Hochwald besteht die Möglichkeit, mitten im Wald zu übernachten.

Wie das ist und was wir dabei erlebt haben, kannst Du hier nachlesen.

Steinerne Reste einer Befestigung

Da die Zeit knapp ist, können wir nur eine kurze Tour einplanen, aber besser wie nix.

Max und ich lassen uns am späten Nachmittag auf dem Wanderparkplatz am Keltenpark bei Otzenhausen absetzen. Die Mama ist sich sicher, das es keine gute Idee ist, und das wir wahrscheinlich nie wieder aus dem Wald herauskommen werden, jedenfalls nicht lebend, oder unverletzt, aber wir schultern trotzdem die Rucksäcke und beginnen unsere Tour bei stark bewölktem Himmel und angenehmen Temperaturen. Vorbei am nachgebauten Keltendorf betreten wir den Nationalpark. Im Wald ist es feucht und dunkel. Der Weg steigt erst leicht, bald aber steil an. Über felsiges Gelände arbeiten wir uns den Berg hinauf. Wir passieren die ersten Reste der keltischen Befestigungsanlage, die hier oben auf dem Berg vor langer Zeit errichtet wurde.

Der Stausee Nonnweiler

Plötzlich öffnet sich der dichte Wald und wir haben einen schönen Ausblick auf den Stausee Nonnweiler, der durch den Dunst und Nebel zu erkennen ist. Nach ein paar weiteren Metern sind wir mitten im sogenannten Hunnenring.

Finger weg vom Fingerhut!

Auf einer Wiese blühen purpurrot violette Fingerhut Pflanzen. Die Heilpflanze Digitalis ist bis zu zwei Meter hoch, hochgiftig und blüht zur Zeit überall auf Lichtungen und an Wegrändern im Nationalpark. Schon zwei bis drei Blätter können nach dem Verzehr, bei einem Erwachsenen, zum Tod führen.

Die Blüten sollen dem Elfenvolk als Kopfbedeckung dienen, diese schenkten den Füchsen auch solche Blüten als Handschuhe, damit sie sich lautlos in die Hühnerställe schleichen können.

Die Flecken auf den Blüten sollen die Fingerabdrücke der Elfen sein. (Wikipedia)

Der keltische Ringwall bei Otzenhauen

Über die große Nordmauer klettern wir unserem Ziel für heute entgegen. Als wir sie überwunden haben, beginnt es laut zu donnern. Da schon die Kelten, die hier lebten, Angst hatten, das ihnen der Himmel auf den Kopf fällt, beschließen wir, schnell wieder zurück über den Ringwall zu steigen, um in der Schutzhütte das Gewitter abzuwarten.

Als wir sie erreichen, beginnt es zu schütten. Das Gewitter zieht an uns vorbei, während wir uns einen Becher Wasser mit Brausepulver und ein paar Schokoriegel gönnen.

Als der Regen nachlässt, beginnt Nebel aus dem Wald aufzusteigen. Ein bisschen gruselig ist das schon, völlig alleine auf einer tausende Jahre alten Siedlung, mitten im Wald mit dem gespenstig heranwabernden Nebel. Tja da müssen wir durch, wieder über den Ringwall klettern, noch einmal die Aussicht von hier oben genießen und dann hinein in den Wald. Und das wird auch bis morgen Mittag so bleiben. Nur Bäume und Unterholz – viel Platz zum genießen.

Wir haben zwar eine Karte mit Wegbeschreibung bei der Buchung des Trekkingplatzes erhalten, aber im Wald sieht das doch alles anders aus. Also geben wir die GPS Koordinaten ins Handy ein und nutzen die Technik. Google zeigt uns einen Umweg von über 1,5km an. Das wollen wir nicht glauben und gehen mehr oder weniger direkt den Weg zum Trekkingplatz. Glücklicherweise liegen wir richtig, ein Trampelpfad führt direkt zu unserem Ziel. Wir treten aus dem dichten Unterholz auf eine kleine, mit Preiselbeersträuchern bewachsene Lichtung, die Talwärts vor uns liegt. Obwohl wir nur wenige Meter vom Hauptwanderweg entfernt sind, ist der wunderschöne Platz total versteckt und ohne GPS Hilfe nur schwer zu finden. Aber wir haben es geschafft.

Trekkingplatz Keltenlager

Dieser Platz wird Keltenlager genannt und ist einer der drei Trekkingplätze in diesem Nationalpark. Übernachten darf man nur nach vorheriger Anmeldung und auch nur eine Nacht auf einer der beiden Holzplattformen. Dafür muß man 10€ bezahlen. Eine Komposttoilette ist auf dem Gelände vorhanden. Bei unserem Besuch war die Toilette sehr sauber, genug Klopapier und Desinfektionsmittel waren auch vorhanden.

Feuermachen darf man hier zwar nicht, aber dafür ist man mittendrin im Wald. Erwähnenswert ist vielleicht noch, das die zwei Plattformen nicht direkt nebeneinander sind, sondern soweit auseinander und eingewachsen, das man sie nicht sehen kann. Da wir aber völlig alleine waren, ist das nebensächlich.

Max hat sich für Chilli con Carne entschieden
Lachspesto und warmer Tee

Nach dem Zeltaufbau bereiten wir uns erst einmal einen Tee zu und kochen anschließend unser Abendessen. Wasser gibt es hier nicht, alles was wir verbrauchen, haben wir mit uns hergeschleppt.

So sieht man erst einmal, wie schnell 1,5l Wasser weg sind.

Der Himmel klart ein wenig auf, es kommt sogar die Sonne kurz heraus. Es wird ein richtig schöner Abend, zwar nicht so klar, das man Sterne sehen kann, aber trocken.

Aber schon um kurz nach 8 schläft Max in seinem Schlafsack ein.

Ich werde in der Nach ein paar mal wach. Eulen und Kauze, die Nachtigall, alle geben ihr Bestes, es raschelt unter der Plattform und im Gebüsch neben uns. Hier ist ganz schön was los, aber plötzlich ist es ganz still. Alles ist ruhig, sogar die Mäuse unter der Plattform. Ob der Wolf in der Nähe ist?

Einer ist hier zumindest offiziell bestätigt, wer weiß ob er uns nicht gerade beobachtet…

Der Wolf ist das dritte, ungewöhnliche Raubtier, das jetzt im Nationalpark vorkommt. Wildkatze und Luchs gibt es hier schon länger.

Als ich morgens aufwache, sind wir nicht gefressen, das ist schon mal gut. Als ich dann meinen ersten Tee trinke und die Einsamkeit genieße, weiß ich, das wir die richtige Entscheidung getroffen haben, hier mitten im Wald gefällt es mir!

Frühstück im Wald, Rührei mit Speck
der angehende Outdoor Meisterkoch legt noch `ne Scheibe Wurst nach!

Gegen 8 wacht auch Max endlich auf und wir Frühstücken ausgiebig Rührei mit Speck und Dosenbrot. Trockenei ist eine tolle Sache, ein bisschen Wasser in das Pulver und man hat Rührei. Wenn man dann noch gebratene Speckwürfel untermischt, mhh lecker.

Gut gestärkt packen wir alles zusammen, auch den Müll, und starten unseren Weg zum Erbeskopf, dem höchsten Berg in Rheinland Pfalz. Der Saar Hunsrück Steig soll uns nach ca 15km am Hunsrückhaus ankommen lassen. So steht es zumindest in der Wegbeschreibung.

der erste Berg ist gechafft, am Dollberg Gipfelkreuz

Unser erstes Etapppenziel ist der Dollberg, der höchste Berg des Saarlandes, den wir schnell erklommen haben. Wir befinden uns hier in einer der Kernzonen des Nationalparks. Alte und Junge Bäume stehen wild durcheinander, Tote Bäume stehen oder liegen herum, an denen Baumpilze wachsen. Dichtes Unterholz links und rechts des schmalen Pfades lässt uns kaum einen tieferen Blick in den Wald werfen. An offeneren Stellen wachsen große Fingerhut Pflanzen oder Felder mit Adlerfarn.

Tiroler Stein

Immer weiter führt der Weg durch den Wald, bis wir an den Tiroler Stein kommen.

Dieser Gedenkstein, mit großem Holzkreuz darauf, erinnert an den Tiroler Händler Thomas, der hier im Jahr 1741 von einem Unbekannten erschlagen wurde. Früher waren die Wege hier internationale Handelsrouten, die ganz Europa verbunden haben. Unser Weg führt nun ins Tal. Wir verlassen die Kernzone des Parks und kommen durch lichtere Wälder, erst Buche, später Fichte. Am Wegrand plätschern Bachläufe dem Tal entgegen.

Ein weibliches Stück Rotwild

Max entdeckt auf einem Nebenweg ein weibliches Stück Rotwild in einiger Entfernung. Es beäugt uns, kann uns aber nicht einschätzen, da wir bewegungslos und gegen den Wind stehen. Erst nach einiger Zeit verschwindet es im Wald.

Gegen Mittag erreichen wir die Auwiesen bei Börfink. Die erste größere Lichtung, seit wir heute morgen gestartet sind. Hier begegnet uns auch der erste andere Mensch seit gestern Nachmittag.

Am Ochsenstall machen wir Mittagspause, bevor wir uns auf den restlichen Weg machen.

Als wir den Holzsteg über das Ochsenbruch betreten , denken wir noch, das wir es ja bald geschafft haben. Es ist heiß, unser Wasser wird knapp, aber die paar Kilometer bis zum Erbeskopf wird es noch reichen. Nachfüllen kann man hier ohne Wasserfilter nirgends.

Über einen Holzsteg durch das Ochsenbruch
Adlerfarn im Ochsenbruch
Digitalis – Fingerhut in rauen Mengen

Am Ende des Holzstegs finden wir ein Schild am Waldrand. Der Wanderweg ist blockiert und umgelgt worden. Der neue Weg ist 5,5km länger. Die Botschaft drückt die Stimmung etwas. Aber da hier kein Handyempfang ist, können wir auch den vorher verabredeten Abholpunkt und die Uhrzeit um 18:00 nicht ändern. Da müssen wir jetzt durch. Glücklicherweise führt der Weg nun an der Hirschquelle vorbei. Hier können wir unsere Getränkevorräte auffüllen. Verdursten werden wir erst einmal nicht.

die Hirschtränke…
…rettet uns vor dem Verdursten!
gepolsterter Waldboden

Der Aufstieg zum höchsten Punkt des Landes beginnt sich zu ziehen. Nach 15 Kilometern macht sich auch das Gepäck auf dem Rücken bemerkbar. Man braucht zwar nicht viel, aber das was man braucht, hat doch sein Gewicht. Max hält tapfer durch, obwohl man ihm anmerkt, das er auch kämpfen muß, um weiter zu kommen. Wir überqueren den Thranenbach und betreten das Riedbruch. Ein für den Hunsrück typisches, renaturiertes Hangmoor, das wir auf einem Holzsteg überqueren.

Eine Blauflügel – Prachtlibelle ruht sich aus.
Eine Stockentenfamilie

Auf einem Teich zieht eine Entenfamilie mit kleinen Küken ihre Runden.

Sumpfschwertlilien
Arnika – eine Heilpflanze

Vorbei an einer Wiese mit Arnika Blumen, geht es wieder in den Wald. An einer Wegkreuzung sehen wir einen Rehbock, der uns überhaupt nicht bemerkt. Erst als wir bis auf 50m heran sind, springt er ab.

Ein Rehbock

Vorbei an der Siegfriedquelle betreten wir noch einmal dichtestes Unterholz. Der Weg ist so schmal, das man keine 2 Meter sehen kann. Nach einem steilen Aufstieg genießen wir kurz die Aussicht bis in die Eifel, als wir dicke, dunkle Wolken am Himmel entdecken.

Bis in die Eifel kann man blicken

Es sind noch 3,5km bis zum Hunsrückhaus. Wir wollen nicht von dem Gewitter überrascht werden, also weiter. Immer weiter, bis wir plötzlich vor der großen weißen Radarkuppel stehen.

die Windklangskulptur auf dem Erbeskopf
Zum Abschluß noch ein bischen Brausepulver

Wir haben es geschafft, wir sind ganz oben angekommen. Von hier aus geht es jetzt nur noch hinunter. Aber es beginnt zu donnern und regnen. Hier oben wollen wir das Gewitter nicht unbedingt miterleben. Also beeilen wir uns den steilen Hang hinunter zu marschieren um uns dort unten, am Hunsrückhaus einen Unterstellplatz zu suchen. Es beginnt zu schütten, je dichter wir dem Ziel kommen, desto mehr schüttet es. Als wir endlich eine Unterstellmöglichkeit finden, setzen wir uns müde auf den Holzfußboden und sehen dem Regen beim fallen zu. Wir genießen das letzte Brausepulver mit Hunsrückwasser vom Klo des Hunsrückhauses, legen die letzte Dosenwurst aufs Dosenbrot und warten bis wir kurze Zeit später von der glücklichen Mama abgeholt werden. WIR HABEN ÜBERLEBT!

Vielen Dank fürs lesen! Über Kommentare und Anregungen würden wir uns sehr freuen!

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